Wir sind von der Adriaseite quer über den Stiefel auf die Westseite also die Seite des tyrrhenischen Meeres gewechselt, um Paestum anzusehen (bei unser Sizilien Tour hatten wir Pompeii besucht und dafür keine Zeit mehr gehabt). Der Besuch gehörte zur Grand Tour – Goethe was here – und nach dem, was wir gelesen haben, hat der gut erhaltene Neptun/Poseidon Tempel mit seiner kanonischen dorischen Architektur wesentlich den europäischen Klassizismus inspiriert. War eben gut erhalten und als nördlichster Teil der Magna Graecia am leichtesten zu erreichen.
Nachmittägliche Ankunft auf dem ausgewählten Campingplatz Athena – Hund ist zu groß. Schon wieder. Zum Glück gibt es direkt daneben den Platz Village Ulysses. Da ist der Hund kein Problem, wir bekommen einen total preisgünstigen Platz unter Rohrmatten kurz hinter dem Eingang. Aufbauen, Baden – aber irgendwie ein etwas anderes Bild als gewohnt. Am Strand fällt der eine oder andere Italiener mit Gasballon-artig aufgeblähten Bauch auf – ein ganz ungewohntes Bild. Ein Kind mit Down-Syndrom wird von einer Frau aus dem Wasser gezerrt. Großflächige Tätowierungen sind hier der Regelfall. Auf dem Platz tummelten sich Gruppen Jugendlicher in und um die Waschhäuser und offensichtlich besonders gern in denen für das andere Geschlechts. Naja … Jugendliche halt. Ohne weiter ins Detail zu gehen scheint hier aber – südlich von Neapel – eine andere soziale Schicht Urlaub zu machen als auf dem mit Tennisplätzen und Anderem ausgestatteten Campingplatz auf dem Gargano.
Die erste Nacht ist mit Musik, Menschen, die laut erzählen, lachen und überhaupt sehr aktiv sind, angefüllt. Dazwischen die Geräusche wegfahrender und parkender Autos. Hier und da auch mal ein hochtourender Motorroller. Mit den Ohren auf Luftmatratzenhöhe und von der Außenwelt nur durch zwei dünne Zeltwände getrennt bietet sich eine beeindruckende Akkustik. Ein oszillierender Lautstärkepegel, der ab 4:30 Uhr endlich langsam gegen Null strebt. Um dann gegen 7:00 Uhr mit der Ankunft der Putzfrau, die direkt neben unserem Zelt parkt, wieder anzuschwellen.
Lana nimmt das alles mit beeindruckender Gelassenheit, obwohl sie doch die Geräusche deutlich besser hört als zum Beispiel ich. Die zweite Nacht brachte jedoch auch sie an ihre Belastungsgrenze: um 2:30 Uhr ging eine wilde Schießerei vor unserem Zelt los. Na gut, es war nicht direkt vor unserem Zelt sondern am Strand. Okay, auch keine Schießerei, sondern ein Feuerwerk. Aber für Lana ist da kein Unterschied, und der Krach war ohrenbetäubend. Sie riss die Leine aus der Verankerung und raste total verängstigt in unser Schlafzelt, hechelte als ob die Luft keinen Sauerstoff mehr hätte und veruchte sich zwischen uns zu verkriechen.
Ein paar Stunden unruhiger Schlaf bis 7:00 und dann waren wir alle drei echt froh, unsere Sachen packen zu können, nochmal ins Meer zu sringen und mit aufheulendem Motor und durchdrehende Reifen diesen Campingplatz und die Nächte des Grauens hinter uns zu lassen.