Intermezzo: Autostrada und ihre Benutzer

Das die italienische Autobahn grundsätzlich Gebühren kostet, ist ja bekannt (Ausnahme: im Süden sind sie kostenfrei). An den Auffahrten sind die aufwändigen Mautstellen – früher boten sie einer ganzen Mannschaft von KassierInnen Beschäftigung und Einkommen. Sie thronten in kleinen Häuschen neben der Straße , nahmen das Geld durch ein Fenster entgegen, gaben Wechselgeld heraus und öffneten schließlich die Schranke.

Die Häuschen sind auch heute noch da, aber man steht nun vor einer wohnungstürgroßen Automaten Tafel, die irgendwie mit ihren vielfarbig blinkenden Lichtern, mechanische Klappen, Geräuschen, Beschriftungen und Stimmen (der Automat ist übrigens weiblich und Italienerin) an einen herbstlichen Rummelplatz erinnert.

Zunächst muss der ankommende Autofahrer richtg manövrieren, nah ran und nicht zu weit nach vorne.

Beliebter Anfängerfehler: zuviel Abstand zur Tafel!

Dann den Schlitz zum Einzug des Biglieto finden (Hilfestellung für Ungeübte: ganz links, unter dem – im günstigsten Fall – grün blinkenden Dreieck, dass darauf zeigt.) Dann wird auf einem der vielen Displays die zu bezahlende Summe angezeigt und von der automatischen Italienerin angesagt. Es beginnen weitere Lampen und Hinweispfeile zu leuchten und zu blinken ( wer vor 40 Jahren schon mal Flipper gespielt hat und jemals die magische Punktzahl erreicht hat, kennt diesen Anblick). Jetzt heißt es für den Neuling Ruhe bewahren, denn es ist eigentlich ganz einfach: es öffnet sich – aufwändig illuminiert – die Klappe für Münzeinwurf, der Einschubschlitz für Geldscheine wird aktiviert und ein separater kleiner Bereich zum Bezahlen mit einer EC oder Kreditkarte mit Tastatur zum Erfassen der PIN weist auf sich selbst durch blinkende Lampen hin. Jetzt gilt es! Höchste Konzentration und schnelle Reaktion sind gefragt – ansonsten mahnt die automatische Italienerin: „Introdure spagethi!“ oder so ähnlich. Also den vom Beifahrer vorbereiteten Geldschein einschieben (im Falle einer Ablehnung mehrfach wiederholen) und nach erfolgreichem Einzug sofort die Wechselgeldklappe finden – eigentlich kein Problem – wäre man nicht von den blinkenden Lampen abgelenkt, Münzen sind leicht durch lautes Klappern zu orten. Die Scheinausgabe ist rechts daneben, etwas versteckt. Hat man alles richtig gemacht, wird man mit einem freundlichen „Ariverderci“ entlassen und die Schranke öffnet sich.

Den anderen Fall will ich hier gar nicht beschreiben und überlasse es der Phantasie des geneigten Lesers, was passiert, wenn zum Beispiel ein abgelehnter und wieder ausgespuckter 50€ Geldschein zu Boden fällt. Die Autotür kann man nicht öffnen ( siehe oben). Vorwärts geht nicht – Schranke! Rückwärts ebenfalls nicht – 10cm zum ersten Auto einer Autoschlange, deren Fahrer alle gereizt und genervt darauf warten, das sie endlich an der Reihe sind …

Stau auf der Autostrada ist selten, natürlich Rom oder Mailand mal ausgenommen. Letztens hatten wir ein seltsames Erlebnis. Zunächst überholten uns ein paar offizielle Blaulichtfahrzeuge. Eins davon setzte sich dann, wie das berühmte ‚Follow Me‘ Fahrzeug auf der Flughafenrollbahn, ein paar Autos vor uns im Schritttempo an die Spitze und verhinderte Überholversuche schneidiger junger Italiener durch entsprechende Manöver. Ein paar Minuten später sagte uns Google Maps automatisch und ungefragt den Grund: Gegenstände auf der Fahrbahn. Es ging noch eine zeitlang so weiter, dann verschwand der blinkende Offizielle, die Fahrbahn war wohl inzwischen geräumt.

Geschwindigkeitsbegrenzungen an Baustellen werden trotz vieler Blitzer häufig ignoriert. Wer schon mal einen europäischen Strafzettel zugestellt bekam, weiß aber, wie teuer das werden kann. Italienische LKW Fahrer sind da jedoch besonders penetrant. Folgende Situation: Baustelle, 50km Geschwindigkeitsbegrenzung, ich fahre 80, LKW nähert sich mit ca 100 km. Es ertönt eine nebelhornartige Hupe, die jedem grösseren Containerfrachtschiff gut zu Gesicht gestanden hätte. Zum Zeichen, das ich verstanden habe, lasse ich meine piepsige PKW Hupe erschallen. Lkw rückt bis auf 1 m an meine hintere Stoßstange. Ich strecke meine Hand aus dem Seitenfenster, zeige mit einer international üblichen Geste meine Meinung dazu an. Dauernebelhorn, aufgeblendete Scheinwerfer – endlich überhohlt er, nicht ohne dabei neben uns etwas auf meine Spur herüber zu ziehen. Vom Beifahrersitz laute Verwünschungen (… merkwürdiger Weise an mich gerichtet) – man erwartet von mir panische Ausweichmanöver oder Vollbremsungen… Nichts dergleichen – ich weiß ja, das ist alles nur Primatengehabe, und bei den streitenden Affen im Zoo passiert ja auch nichts. Nur verstehe ich nicht, warum Nina als Fazit statt „So ein halbkrimineller Idiot“ oder ähnlich „Du musst immer Recht behalten“ zieht. Ich hab doch gar nichts gemacht …